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Bertha Pappenheim
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Die Gründerin des Jüdischen Frauenbundes in Deutschland wurde am 17.02.1859 in Wien geboren. Die Familie war jüdisch-orthodox. Als Folge der schweren Krankheit und des Todes ihres Vaters Siegmund Pappenheim traten bei der jungen Bertha 1880/81 schwere psychische und physische Störungen auf, die durch die psychoanalytische Behandlung von Dr. Josef Breuer behoben wurden. Einige Jahre später schilderte Dr. Breuer ihren Fall in einem zusammen mit Siegmund Freud herausgegebenen Band "Studien über Hysterie" und nannte sie "Anna O." Aber erst 1953 wurde die wahre Identität der "Anna O." bekannt.
Nach ihrem Umzug nach Frankfurt im Jahre 1888, der Heimatstadt ihrer Mutter, veröffentlichte sie verschiedene Kinderbücher und begann ihre soziale Arbeit. 1895 wurde sie Heimleiterin im jüdischen Mädchen-Waisenhaus, gründete 1902 den Israelitischen Mädchenclub und 1904 den Jüdischen Frauenbund. 1907 wurde das Heim in Neu-Isenburg bei Frankfurt eröffnet. Sie unternahm Reisen nach Galizien und Nahost, auf denen sie sich über die dortige Lage der jüdischen Bevölkerung informierte und darüber Berichte veröffentlichte. Ganz besonders interessierte sie sich überall für die Situation der Frauen. Schon 1901 hatte sie an einer Konferenz zum Thema Mädchenhandel teilgenommen, und 1923 wandte sich der Jüdische Frauenbund im Kampf gegen Mädchenhandel und Prostitution sogar an den Völkerbund.
Auch publizistisch war sie weiterhin tätig. Sie übersetzte die Frauenbibel "Zena u Rena" und die Ma'asse-Geschichten, beliebte Hausbücher für jüdische Frauen vergangener Generationen. Vor allem aber übersetzte sie die Memoiren ihrer entfernten Verwandten Glückel von Hameln, die im 17. Jahrhundert lebte, aus dem Jüdisch-Deutschen. Sie ließ sich 1925 sogar im Kostüm der Glückel malen.
1917 wurde die Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden gegründet, eines der Gründungsmitglieder war der Jüdische Frauenbund. 1924 gab Bertha Pappenheim den Vorsitz im Jüdischen Frauenbund ab und unternahm ausgedehnte Studienreisen, deren Ergebnisse sie 1930 in dem vielbeachteten Band "Sisyphus-Arbeit" veröffentlichte. Nach 1933 versuchte sie, den JFB zu stärken, und übernahm noch einmal den Vorsitz, gab ihn aber ein Jahr später auf der letzten großen Delegiertenversammlung wieder ab.
Am 16. April 1936 folgte Bertha Pappenheim, schon von tödlicher Krankheit gezeichnet, einer Vorladung der Gestapo nach Offenbach. Zwar konnte sie alle Beschuldigungen widerlegen, aber nach ihrer Rückkehr nach Isenburg verließ sie ihr Bett nicht mehr und starb am 28. Mai 1936. Der Jüdische Frauenbund wurde 1938 zwangsweise aufgelöst, die Heime in Neu-Isenburg 1942 geschlossen und die darin Wohnenden in die Vernichtungslager deportiert.
Quelle: "Anna O. - Bertha Pappenheim", Biographie von Marianne Brentzel, Göttingen 2002
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